Adventskalender 2. Dezember // Audre Lorde
Vielschichtige Identitäten im politischen Kampf.
Oder warum wir Audre Lorde lieben.
In der Kategorie #wesensagendinge wollen wir dir berühmte Personen näher bringen, die wir für ihre kreativen Arbeiten, ihren Aktivismus und ihr Engagement bewundern und lieben. Von einem Zitat ausgehend zeigen wir dir, warum uns diese Person inspiriert. Heute: Audre Lorde.
»Your silence will not protect you.«
(aus »The Transformation of Silence into Language and Action« in Sister Outsider Essays and Speeches (1984); freie Übersetzung: »Dein Schweigen wird dich nicht beschützen.«)
Worte als Mittel für mehr Gerechtigkeit
Kindheit und Jugend
Audre Lorde wurde am 8. Februar 1934 geboren und wuchs im New Yorker Stadtteil Harlem auf. Das Umfeld ihrer Kindheit war geprägt von den Auswirkungen der Großen Depression in den USA der 1930er Jahre. Schon früh, mit vier Jahren, brachte ihre Mutter ihr das Lesen und Schreiben bei.
Der Umgang mit Worten wurde schon früh für Audre Lorde ein wichtiges Ausdrucksmittel. Sie verfasste ihre ersten Gedichte in der 8. Klasse.
Studium und Beginn ihre Schaffens
Nach dem Studium der Bibliothekswissenschaften arbeitete sie zunächst als Biliothekarin. 1968 konnte sie sich durch das Stipendium als »poet in residence« des Tougaloo College erstmals frei ihrem künstlerisch-literarischem Schaffen widmen.
Schon in den 1960er Jahre wurden ihre Gedichte regelmäßig veröffentlicht. Voller Sprachgewalt und emotionaler Wucht thematisierte sie ihren Ärger und ihre Wut über die sozialen Ungerechtigkeiten um sie herum. Lorde wurde damit eine wichtige Stimme in der US-amerikanischen Bürgerrechts-, Freiheits- und Frauenbewegung.
Die späteren Jahre
Im Jahr 1984 erhielt sie eine Gast-Professur an der Freien Universität Berlin. Anschließend kehrte sie immer wieder nach Berlin zurück. Sie war maßgeblich an der Gründung der Initiative »Adefra – Schwarze Frauen in Deutschland« beteiligt. Audre Lorde starb 17. November 1992 an den Folgen ihrer bereits mehrjährigen Krebserkrankung.
– Soweit ein intensives Leben in aller Kürze. –
Mehr als nur Frau-sein
Wir lieben Audre Lorde, weil sie mit klaren Worten eine Sprache findet. Durch die Sprache drückt Lorde ihre ihre eigenen Emotionen, ihren Ärger, ihre Erlebnisse und Erfahrungen auszudrücken.
Ihre Gedichte, Essays und andere Prosa berühren uns heute mehr denn je, weil die Erzählungen von Diskriminierung, Unterdrückung und Schmerz auch heute noch Menschen eine Stimme geben, die gesellschaftlich zu wenig gehört werden. Audre Lorde entwickelte mit ihren Texten für sich eine eine Schwarze Identität und ist damit heute immer Vorbild für viele Schwarze Menschen und People of Color. Sie eröffnete den feministischen Diskursen für die Perspektive von Schwarzen Frauen und schaffte dadurch Raum für die (heutige) Auseinandersetzung mit Erlebnissen von mehrfachdiskriminierten Frauen im gemeinsamen Kampf gegen Unterdrückung.
»I am a Black Lesbian Feminist Warrior Poet Mother, stronger for all my identities, and I am indivisible.«
(freie Übersetzung: »Ich bin eine schwarze, lesbische, feministische Kriegerin-Dichterin-Mutter, stärker für alle meine Identitäten, und ich bin unteilbar.«)
Entlarvung der Zweigeschlechtlichkeit
Wir lieben Audre Lorde, weil sie in ihren Schriften und Reden Zweigeschlechtlichkeit als vereinfachtes und überholtes Konzept entlarvt. Sie stellt die Vielschichtigkeit von Indentitäten in den Mittelpunkt und betrachtet »class, race, age, gender, and even health« (soziale und öknomische Zugehörigkeit, (zugeschriebene) Herkunft, Alter, Geschlecht und selbst Gesundheit) als zentrale Kategorien, die reale gesellschaftliche Ausschlüsse und Benachteiligungen, gerade für Frauen*, bedeuten. Heute sprechen wir in diesem Zusammenhang von Intersektionalität.
»Yet without community there is certainly no liberation, no future, only the most vulnerable and temporary armistice between me and my oppression.«
(aus The Cancer Journels (1980); freie Übersetzung: »Doch ohne Gemeinschaft gibt es sicherlich keine Befreiung, keine Zukunft, nur den verletzlichsten und zeitweiligen Waffenstillstand zwischen mir und meiner Unterdrückung.«)
Gemeinsam mit einem Unterstützungssystem
Wir lieben Audre Lorde, weil sie uns immer wieder verdeutlicht, wie wichtig es ist, gemeinsam gegen Diskriminierung und Unterdrückung zu kämpfen. Und wie wichtig dabei ist, ein eigenes Unterstützungssystem aus Menschen zu haben, die wir lieben, die uns verstehen und aufbauen.
Wir lieben Audre Lorde, weil sie uns dazu ermutigt, selbst aktiv zu werden, selbst unsere Stimme_n zu erheben und uns zu vernetzten.
Wir empfehlen dir…
Vielleicht magst du noch mehr über Audre Lorde erfahren? Dann haben wir hier ein paar Empfehlungen für dich:
- »Audre Lorde – the Berlin years« (Dokumentation, 2012): Dieser tolle Dokumentarfilm nimmt die Berliner Jahre Audre Lordes näher in den Blick. Hier kommst du zur Intersetseite des Films.
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»Schwarze, Lesbe, Mutter, Kriegerin, Poetin« (Der Tagesspiegel, 2015): Dieser Artikel befasst sich allgemein mit den Auswirkungen und Impulsen von Audre Lordes Schaffen in Deutschland. Hier kommst du zum Artikel.
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»Your Silence Will Not Protect You by Audre Lorde review – prophetic and necessary« (The Guardian, 2017): Ein toller Essay über die Aktualität von Audre Lorde. Hier kommst du zum Essay (auf Englisch).
Warum liebst du Audre Lorde?
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