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Foto und Film als eigener Ausdruck 1000 600 WESENsART
Reem – ein pinkes Wesen mit Hijab, sagt das Fotos und Videos wie ein drittes Auge für sie sind und ihr helfen, schöne und leuchtende Details zu sehen.

Foto und Film als eigener Ausdruck

Für sich selbst eine Bild-Sprache finden – das WESENsART-Interview mit Reem Alrahmoun

In der Kategorie #wesenstipp wollen wir dir Aktivist*innen, online Shops und Aktionen, Literatur und andere Dinge für die Seele und den Geist empfehlen. Heute haben wir ein Interview mit Reem Alrahmoun geführt, die ihre Erfahrungen in Deutschland durch Foto- und Filmprojekte verarbeitet.

Reem Alrahmoun wurde 1986 in Syrien geboren. Sie studierte und arbeite als Englischlehrerin. In Folge des Bürgerkriegs in Syrien kam sie 2015 nach Magdeburg. 2016/2017 machte sie einen Bundesfreiwilligendienst beim Offenen Kanal Magdeburg und setzte in diesem Rahmen mehre Film- und Dokumentationprojekte um. Mit ihren Fotos und Filmen verarbeitet sie ihre Erlebnisse als geflüchtete Muslima in Deutschland. Im WESENsBande-Interview spricht Reem mit uns über ihre Erfahrungen.

Wir sind begeistert von deinen bisherigen Filmprojekten. Was bedeutet Film als künstlerischer Ausdruck für dich?

Reem: When I arrived to Germany, taking photos was a way to help me to go through the difficulties that I had (new country, new language and new people). So the photos were the third eye that helped me see beautiful bright details and kept them to help me through the dark days.

But as I started my voluntry sevice in Open Channel (Offener Kanal Magdeburg) I had a new concept for photography. I learned to make films and through the films I had the opportunity to express myself, and to change a bit of the sterotypes that the German have about Arabic women.

Übersetzung:
Als ich in Deutschland ankam, war fotografieren für mich ein Weg, die ganzen Schwierigkeiten, die ich hatte, wie zum Beispiel ein neues Land, eine neue Sprache und neue Leute, zu überstehen. Die Fotos waren wie ein drittes Auge, das mir half, schöne und leuchtende Details zu sehen und sie festzuhalten, um schwere Tage zu überstehen. Doch als ich meinen Bundesfreiwilligendienst beim Offenen Kanal Magdeburg begann, entwickelte ich auch ein neues Konzept für Fotografie. Ich lernte, Filme zu machen mit denen ich die Möglichkeit bekam, mich selbst auszudrücken und die Stereotype zu verändern, die Deutsche über arabische Frauen haben.

Dokumentarfilm: »Ich habe die Grenze überschritten«, Offener Kanal Magdeburg 2018.

Bei dem Dokumentarfilm »Ich habe die Grenze überschritten«, bei dem du unter anderem die Projektleitung übernommen hast, geht es um 12 Frauen aus Syrien, Tunesien und der Türkei, die sich über ihren Weg nach Deutschland und ihre Erfahrungen hier austauschen. Was bedeutet das Projekt für dich persönlich?

Reem: It means the world to me.
You may not believe but I am a very shy person and people think I’m so strong! So I had to come over my shyness and stand in front of the camera sometimes to give the women an example of what they could do. Some women could not express themselves and some where not represented by our film, that’s why I felt responible to be their Voice. I mean the women who are not allowed to work or to continue their studies in Syria. And till now some men think I’m talking about another community and try to say that I’m lying, while I’m speaking about experiences that I saw myself in my community, sometimes in my own family.

So the film was so important to show the world that the Syrian women are not stupid or lazy, they just didn’t have chances. Here they have all the chances hopfully and look what 12 women have done!

Übersetzung:
Es bedeutet alles für mich.
Ihr glaubt es nicht, aber ich bin eine sehr schüchterne Person – und alle denken, ich bin so stark! Ich musste meine Schüchternheit überwinden und vor der Kamera stehen, um den Frauen ein Beispiel dafür zu geben, was sie alles tun können. Einige Frauen konnten sich nicht selbst ausdrücken und andere werden durch den Film nicht repräsentiert, deshalb fühlte ich mich verantwortlich, ihre Stimme zu sein. Ich meine damit die Frauen, denen nicht erlaubt wird, zu arbeiten oder ihre Ausbildung in Syrien fortzusetzen. Bis heute denken einige Männer, dass ich dabei über ein anderes Land [als Syrien] spreche und versuchen mir vorzuwerfen, dass ich lüge. Dabei spreche ich von Erfahrungen, die ich selbst in meinem Land, in meiner eigenen Familie, gesehen habe.

In einer Szene geht es auch explizit um Feminismus. Uns interessiert, ob du dich selbst als Feministin bezeichnest und was Feminismus für dich bedeutet?

Reem: What does feminism means if I may ask?  That I defend the right of women? Then I am humanist because I stand for every person who is treated unfairly. To support women doesn’t mean that I hate men (that’s the reputation I have). It means that I just want fairness for a group of human beings happend to be a gender called female and it seems sometimes that they are punished for that.

Übersetzung:
Was soll Feminismus bedeuten, wenn ich fragen darf? Dass ich die Rechte von Frauen verteidige? Dann bin ich Humanistin, weil ich für jede Person einstehe, die unfair behandelt wird. Frauen zu unterstützen bedeutet nicht, dass ich Männer hasse – das ist aber der Ruf, den ich habe. Es heißt einfach, dass ich Fairness für eine Gruppe von Menschen will, die zufällig ein Geschlecht haben, dass weiblich genannt wird. Und es scheint so, dass diese Gruppe dafür bestraft wird.

»Flucht nach vorn«: Interview-Filme und Kurzportraits von jungen Geflüchteten in Deutschland, Offener Kanal Magdeburg 2016/17.

Du sagst von dir, dass du gläubige Muslima bist. Was heißt das für dich?

Reem: At first I was muslim because I was raised  in a muslim family, but Islam also order us to think and question everything. So I started a few years ago questinging even Islam… I’m still searching  for the truth, for what is right and what is wrong in my religion, but I do believe that God is there watching me and giving me hints to go further with whatever I do, and cares for me in every step.

Übersetzung: Zuerst war ich Muslima, weil ich in einer muslimischen Familie erzogen wurde. Der Islam verlangt, selbst zu denken und alles in Frage zu stellen. Also begann ich vor ein paar Jahren auch den Islam zu hinterfragen. Ich bin immer noch auf der Suche nach der Wahrheit, also was ist richtig und was falsch in meiner Religion. Aber ich glaube schon, dass dort ein Gott ist, mich beobachtet und mir Hinweise gibt, mit dem weiter zu machen, was auch immer ich tue und für mich auf jedem Schritt sorgt.

Wie leicht oder wie schwer fällt es dir, in Deutschland deinen Glauben zu praktizieren?

Reem: It seems from outside when you read the constitution (we learn some of it in German courses) that everyone has the right to believe in what ever he or she wants. Everyone has the right to wear anything he or she wants. BUT a woman with Hijap trying for several years now to find a job and still being rejected and the reason is, we hire no one that wears Hijap. So the community is not really that PERFECT as it sounds in the constitution. To reject a woman because she is wearing Hijap makes you not so much different or better than Saudi Arabia who rejects women who don’t wear it. Both of you are stealing the woman’s will to decide what or what not to wear.

Übersetzung: Von außen gesehen, wenn du das Grundgesetz liest (wir haben einiges darüber im Deutschkurs gelernt), sieht es so aus, als ob alle das Recht hätten, an das zu glauben, was sie wollen. Alle haben das Recht, dass zu tragen, was sie wollen. ABER ich als eine Frau mit Hijab versuche seit einigen Jahren einen Job zu finden und werde immer wieder zurückgewiesen mit der Begründung, dass keine Menschen, die Hijab tragen, eingestellt werden. Die Gesellschaft ist also nicht so PERFEKT wie es im Grundgesetzt heißt. Eine Frau zurück zu weisen, weil sie Hijab trägt, macht Menschen hier nicht viel besser als in Saudi Arabien, wo Frauen zurückgewiesen werden, weil sie keines tragen. In beiden Fällen wird  den Frauen die Entscheidung geraubt, das zu tragen, was sie wollen.

Und zum Abschluss noch eine Frage von unserer WESENsBande: Wenn du ein Wesen wärst – wie würdest du aussehen?

Reem: I would be a mix of Yannie and Zafer. Till I saw Zafer I always felt that Yannie represents me! But now I like both!

Übersetzung:
Ich wär ein Mix aus Yannie und Zafer. Bis ich Zafer gesehen habe, habe ich mich immer durch Yannie repräsentiert gefühlt. Aber jetzt mag ich beide!

Reem – ein pinkes Wesen mit Hijab, sagt das Fotos und Videos wie ein drittes Auge für sie sind und ihr helfen, schöne und leuchtende Details zu sehen.

Wir bedanken uns bei Reem für das grandios tolle Interview!
Vielen Dank, dass du mit uns und der WESENsBande so offen deine Erfahrungen und Erlebnisse geteilt hast.